Reportage

Lehrling des Jahres 2019

01.10.2019
von gateway.one
Illustrierter Mann am jubeln

Diesen Herbst kürt der Gewerbeverband Basel-Stadt zum elften Mal den oder die beste Lernende/n aus Basel-Stadt und Baselland. David Grütter, Lernender des Berufs Fachmann Gesundheit EFZ, Universitäre Psychiatrische Kliniken UPK, Basel gehört zu den zehn Finalisten. Was ihn zur Teilnahme am Wettbewerb bewogen hat und weshalb er sich bereits im Halbfinale als Gewinner fühlt, gibt er in einem persönlichen Interview Preis.

Viele Lernende haben sich für den Wettbewerb «Lehrling des Jahres 2019» beworben. Im Rennen sind jedoch nur noch sechs Frauen und vier Männer. Die letzte Prüfung findet im Rahmen einer ausverkauften, grossen Preisverleihungs-Show statt. Die Siegerin oder der Sieger erhält einen Geldpreis von 2019 Franken sowie viel Publicity. David Grütter, Finalist des diesjährigen Wettbewerbs, ist davon überzeugt, dass der Berufsbildung noch viel mehr Anerkennung gebühre. Sie sei es, die jungen Nachwuchskräften praktisches Wissen und Können vermittle. Ein Wettbewerb, der dies in Erinnerung rufe, findet er deshalb äusserst wichtig und gewinnbringend.

Lehrling des Jahres Logo auf grauem Hintergrund

Herr Grütter, erzählen Sie uns von sich, wir sind «gwunderig» und wollen alles wissen!

David Grütter lacht: «Dass ich heute hier sitze und ein Interview gebe, war alles andere als vorhersehbar. Ich habe bereits eine ziemlich turbulente Laufbahn hinter mir, weil ich lange nicht so recht wusste, welche Ausbildung zu mir passt. Ich habe mich bereits am Gymnasium und an der Fachmittelschule versucht, allerdings ohne klares Ziel vor Augen. Dann hat mein Zivildienst alles verändert. Ich half bei der Betreuung von schweren Autisten. Viele von ihnen konnten nicht Sprechen und mussten mit Mimik oder Gestik, einem Blinzeln oder einer Handbewegung kommunizieren. Sie zu betreuen war nicht immer leicht, aber wenn sie sich z.B. mit einem tiefen Blick für einen gemeinsamen Spaziergang im Park bedankten, war dies ein fantastischer Moment für mich. Ziemlich schnell war mir klar, dass ich im Umgang mit Bedürftigen meine Berufung gefunden habe. Hier kann ich viel Bewirken und etwas Sinnvolles tun. Eine Kollegin hörte von meinen Überlegungen und sagte mir, dass ihrer Meinung nach die Universitären Psychiatrischen Kliniken UPK in Basel, die Fachleute Gesundheit EFZ ausbilden, genau der richtige Arbeitgeber für mich wären. Ich machte mich schlau und bewarb mich. Vor allem dank meiner Zivildienst-Erfahrung erhielt ich die Lehrstelle und wurde, was eigentlich eher unüblich ist, im ersten Lehrjahr direkt auf die Station mit suchtkranken Menschen eingeteilt».

Der Umgang mit Suchtkranken, die z.T. unter schizophrenen oder psychotischen Störungen leiden, ist bestimmt nicht immer einfach…

David Grütter schüttelt den Kopf: «Es ist nicht immer einfach, das stimmt. Aber wenn man den Patientinnen und Patienten auf Augenhöhe begegnet und stets für ein Gespräch bereit ist, nicht wertet, sondern einfach nur zuhört, kann man sehr viel auffangen. Die Patienten haben allesamt keine leichte Vergangenheit. Verschiedenste Gründe haben sie zu den Drogen geführt. Viele haben das Bedürfnis, davon zu erzählen. Obwohl das Zuhören nicht zu meinen primären Aufgaben als Fachmann Gesundheit gehört, schenke ich ihnen gern mein Ohr. Diese Gespräche motivieren mich, während der Lehre eine Berufsmatur zu machen und später an der Fachhochschule zu studieren. So kann ich noch mehr dazulernen, und im Beruf noch mehr geben».

Portrait David Grütter

Herr Grütter, was hat Sie dazu bewegt, am Wettbewerb teilzunehmen?

David Grütter erklärt schmunzelnd: «Eigentlich war die Teilnahme am Wettbewerb zum Lehrling des Jahres eher Zufall. Meine Berufsbildnerin meinte, das könnte ganz gut passen. Wir mussten beide ein Motivationsschreiben verfassen. Ich habe mir nicht allzu viel davon versprochen. Umso grösser war die Überraschung, als ich Bescheid bekommen habe, dass ich unter den zehn Finalisten bin».

Wie ging es dann weiter?

«Ich bin zu einem Contest-Tag eingeladen worden. Dort mussten wir diverse Posten meistern, ähnlich wie in einem Assessment-Center. Die Aufgaben waren sehr vielfältig und gingen von der Planung eines Menus und anschliessendem Kochen in der Gruppe (keine Glanzleistung, mir fiel blöderweise ein Käseküchlein vom Blech) über das Gestalten einer Einkaufstüte und Beantworten von Fragen zur Allgemeinbildung bis zum Jonglieren eines Ping Pong Balles. Ich war nur wenig nervös, es ist eigentlich ganz gut gelaufen. Insgesamt musste ich während des Contest-Tages 8 von 10 Posten erfolgreich bewältigen. Die letzten beiden Posten bestehen aus dem Online-Voting (04.11.2019 - 11.11.2019) und dem letzten Posten auf der Bühne während der Preisverleihung. Ausserdem haben wir ein Video gedreht, das ich am Abschlusstag das erste Mal sehen werde. Darauf bin ich deutlich nervöser als auf die Vorentscheidungen».

Wie hat Sie Ihre Arbeitgeberin, die Universitären Psychiatrischen Kliniken UPK, Basel, beim Wettbewerb unterstützt?

David Grütter erzählt: «Vor allem meine Berufsbildnerin hat mich ganz toll unterstützt. Sie hat überall im Spital Werbung für mich gemacht. Ich habe mittlerweile einen richtigen kleinen Fan-Club. Ein völlig unbekanntes Gefühl! Soweit ich weiss, wird er an der grossen Abschluss-Show anwesend sein und mich mit einem Banner anspornen. Darauf freue ich mich schon sehr. Ausserdem hat die CEO des Spitals mir persönlich gratuliert. Das war für mich eine grosse Ehre».

Was versprechen Sie sich von einem Sieg beim Wettbewerb?

Einerseits bekommt der Sieger ein stattliches Preisgeld von über 2000 Franken. Das ist viel Geld für einen Lernenden. Ich kann mir vorstellen, damit mein Fitness-Abo zu verlängern. Fitness ist mir sehr wichtig, weil ich damit einen Ausgleich zum Arbeitsalltag schaffe und Emotionen verarbeiten kann. Ich reise auch für mein Leben gerne. Ausserdem ist ein Studium ja auch nicht gerade billig, deshalb kann ich mir auch gut vorstellen, einen Teil des Geldes für später zu sparen. Aber wichtiger als das Geld ist die Bekanntheit, die mit dem Sieg des Wettbewerbs einher geht. Spannender Weise ist meine Bekanntheit schon jetzt gestiegen. Irgendwie bin ich deshalb bereits als Finalist ein Sieger. Ich denke nämlich, dass mir die Teilnahme am Wettbewerb Tür und Tor öffnen wird, etwas, das für jemanden, der nach der Lehre eine Stelle sucht, Goldwert ist».

Wir sind gespannt, wer das Rennen macht und drücken David Grütter beide Daumen!

 

Der Wettbewerb «Lehrling des Jahres» ist eine Initiative des Gewerbeverbandes Basel-Stadt, von Migros Kulturprozent, der Suva, der Basler Zeitung und von UBS Schweiz. Die Suche nach dem «Lehrling des Jahres» hat zum Ziel, die berufliche Grundbildung in der Region einer breiten Öffentlichkeit bekannter zu machen und das Image der Berufslehre weiter zu steigern. Die zehn Berufsbildungstalente machen nicht nur beste Werbung für sich und ihre Lehrbetriebe, sondern auch für die Berufsbildung insgesamt.

Zurück

Zurück

Ähnliche Artikel